Verhalten eines Seglers beim Einflug in die Thermik
Ein paar einführende Worte
Für jeden Modellsegelflieger - sei es ein echter Segler oder ein Motorsegler - ist aufsteigende Luft das Thema aller Themen.
Das kann für die einen der an einem Hang nach oben abgelenkte Wind sein (das sind dann die Hangflieger), für die anderen
sind dies warme Luftblasen, die sich irgendwann vom Boden ablösen und nach oben steigen: Die Thermik.
Thermik gibt es immer und überall - auch im Winter. Sie reicht allerdings nicht immer aus, um ein Modellflugzeug
am Himmel zu halten. Manchmal ist sie gar nicht spürbar, manchmal ist sie aber auch so stark, dass man sich eher Gedanken
darum machen muß, wie man den Segler wieder auf den Erdboden zurückführen kann. Einige Thermikblasen sind groß und schwach,
so daß man es kaum merkt, dass man durch eine Thermikblase fliegt. Andere wiederum sind sehr klein und so stark, dass sie
das Flugzeug durchschütteln und unkontrollierbar machen, man innerhalb kürzester Zeit ohne die Chance des Einkreisens durch
die Blase durchgeflogen und froh ist, die "Turbulenzen" hinter sich gelassen zu haben
Meistens fliegt man aber einher und sucht Thermik, findet sie auch manchmal, merkt es aber nicht oder mißinterpretiert
das, was das Flugzeug dem RC-Piloten mit seinen Bewegungen sagen möchte. Dieser kurze Artikel beschreibt, wie sich ein
Modellflugzeug verhält, wenn es in eine Thermikblase einfliegt.
Grundwissen: Das Aussehen einer Thermikblase
Wichtig für die Betrachtung des Artikels ist, daß es um die aufsteigende Thermikblase einen Abwindring gibt.
In starker Vereinfachung stellt sich dies wie folgt dar:
Sieht man sich im eine Thermikblase von der Seite an, so handelt es sich zunächst um um ein Gebilde, welches wie ein
Wassertropfen aussieht, welcher auf einer Glasplatte umherwabert. Die Thermikblase heizt sich auf und löst sich irgendwann
- die Gründe können durchaus verschieden sein - vom Boden ab. Sie steigt dann nach oben und bildet eine pilzartige Form aus.
Überall, wo Luft nach oben strömt, muß auch Luft von oben nach unten strömen: Daher bildet sich um die Thermikblase herum
(also dort, wo Luft aufströmt) ein Abwindring, in dem die Luft nach unten strömt. Die Luft kühlt im Lauf der Zeit beim Steigen
ab und die Thermikblase löst sich auf.
Thermikseite von der Seite betrachtet (Animation).
|
In der Draufsicht von oben stellt sich dann die Thermikblase in einer bestimmten Höhe wie folgt oder ähnlich dar:
Draufsicht auf eine Thermikblase.
|
Im Bild oben ist die wärmere und darum aufsteigende Thermikblase rot, der kühlere Abwindring blau darstellt.
Auch wenn Thermikblase und Abwindring in der Draufsicht oft als konzentrische Kreise dargestellt werden: Dies ist nur eine
vereinfachende Näherung.
Was passiert denn nun beim Einflug in die Thermik?
Um die Reaktionen des Flugzeugs auf die Thermik und den Abwindring besser beurteilen zu können, sei der Segelflieger recht
stabil, ruhig leicht pumpend eingestellt - beudeutet daß der Schwerpunkt eher weiter vorne als weiter hinten liegt.
Wir verlieren etwas Leistung - aber unsere Aufgabe sei erst: Thermik im Flug erkennen! Dazu brauchen wir ein Setup, mit welchem das Flugzeug
klare Zeichen geben kann.
Der Einflug in den Abwindring
Jede Begegnung mit einer Thermikblase führt wohl oder übel und unausweichlich über den mehr oder weniger
stark ausgeprägten Abwindring. Trifft man ihn frontal, d.h. mit der Nase, so folgen als nächstes die beiden Tragflächen. Der Abwind
drückt also erst die Flächen nach unten, und da das Heck noch nichts von der Richtungsänderung nach unten der Tragflächen
wissen kann - es ist schließlich noch außerhalb des Abwindrings - senkt sich die Nase des Flugzeuges.
Der Luftzug auf die Tragfläche kommt nun auch nicht mehr direkt von vorne, sondern von vorne oben (klar, da ja der
Abwind hinzukommt), wodurch sich der Anstellwinkel verkleinert und damit auch der Auftrieb. Auch das läßt die Tragfläche
abtauchen, noch bevor das Heck gleiches tun kann.
Das Flugzeug senkt die Nase und geht in den Sinkflug über. Dies wiederum bewirkt, dass das stabil eingestellte Flugzeug
Fahrt aufnimmt.
Oft trifft man den Abwindring nicht frontal, sondern streift ihn mit einer Tragfläche. Dieser geschieht wie gerade beschrieben:
Sie senkt sich, die noch nicht im Abwind fliegende Tragfläche senkt sich allerdings nicht, denn Sie befindet sich (noch) außerhalb
des Abwindringes. Insgesamt geht auch wieder Auftrieb verloren. Das Flugzeug dreht also in den Abwindring - das heißt auch
in Richtung Thermikblase - und nimmt dabei die Nase leicht nach unten. Die Drehung wird allerdings selten so stark sein,
dass man die danach gleich auf das Aufwind trifft. Es ist wahrscheinlicher dass man weiter eindrehen muss, um die korrekte
Richtung zur Blase findet.
Wer jetzt hier im Abwindfeld zieht, der nimmt lediglich Fahrt heraus, verbringt dadurch nur noch mehr Zeit im Abwindring.
Und wer hier der Rollrichtung entgegen steuert, fliegt womöglich nur durch den Abwindring und an der Thermikblase vorbei,
verliert Höhe und verbreitet im Anschluß an den Flug: "Heute ist überall nur saufen!"
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Abgrenzung zwischen dem Abwindring und der Umgebung nicht klar ist. Es handelt
sich mehr und einen fließenden Übergang. Die Änderung der Fluglage ist damit nicht abrupt und klar, nur sehr leicht und
manchmal kaum spürbar.
Hoch jetzt: Die Begegnung mit dem thermischen Aufwind!
Im sehr seltenen Idealfall treffen wir frontal auf die Thermikblase (das ist aber eher so selten, dass man sich von dieser
Vorstellung so gut wie fast verabschieden kann). Dann tritt das Umgekehrte ein wie beim Einfliegn in den Abwindring: Die Nase
und die Tragflächen des Flugzeuges treffen den Aufwind zuerst, während das Höhenleitwerk sich noch im Abwind bewegt. Dadurch
nimmt das Flugzeug die Nase hoch.
Desweiteren kommt die Luftströmung in Relation zum Flugweg nun nicht mehr von vorne oben, sondern von vorne unten. Der
Anstellwinkel wird damit stark vergrößert und der Auftrieb steigt. Die Nase hebt sich ebenfalls. Wenn man jetzt zu früh,
noch im Abwindring, das Höhenruder gezogen und zuviel Fahrt herausgenommen hat, kann es zum Strömungsabriß kommen und alle
Überlegungen zum Einfliegen in die Thermik waren umsonst. Wenn nicht: Prima, das Flugzeug steigt (eventuell wird es etwas
langsamer). Jetzt heißt es in der Thermik nach oben zu kreisen - das ist aber ein anderes Thema.
Falls man die Thermikblase trifft, trifft man sie wahrscheinlicher mit einer Tragfläche zu erst. Man schneidet sie
förmlich an. Auch hier ist das umgekehrte Verhalten anzutreffen, wie beim Anschneiden des Abwindringes. Die die Blase
anschneidende Fläche hebt sich aufgrund des Aufwindes und des gestiegenen Auftriebs und das Flugzeug rollt von der Thermikblase
weg. Wenn es nicht gut läuft und man hat zu wenig Fahrt kann die Anstellwinkelsteigerung an der die Blase schneidenden Fläche
auch hier zum (einseitigen) Strömungsabriß führen und das Flugzeug fällt in den Aufwind (aber leider eben im Strömungsabriß,
was schlecht ist). Man kann hier versuchen, das Flugzeug mit entsprechenden Steuereingaben in die Blase zu zwingen.
Oder man merkt sich die Stelle, denn hier ist der Aufwind (!), fliegt schnell weg und versucht es mit einem Frontalangriff
(schnell, um nicht zu viel Zeit und Höhe im Abwindring zu verlieren).
Die Änderung der Fluglage erfolgt bei Berühung des Aufwindes abrupter und stärker. als beim Berühren des Abwindringes wie zu Anfang
beschrieben. Das liegt daran, das die Grenze aufgrund der entgegengesetzten Luftströmungen nach oben respektive nach unten
schärfer und kräftiger ausgeprägt ist.
Abwägung der Effekte
Der Flieger wird quasi vom Abwind angezogen und vom Aufwind abgewiesen.
Der Einflug in die Thermik und den umgebenden Abwindring sieht dann so aus, dass dieses Konstrukt das Flugzeug erst
anzieht (und man dies geschehen lassen oder gar durch eindrehen und drücken unterstützen kann) und es dann, wenn die
Thermikblase getroffen wird, erst mal abschüttelt - dem muß mit Gegensteuern begegnet werden.
Den Fall des frontalen auftreffens ist sehr selten. Meist sieht man nur das Absinken oder aufsteigen einer Fläche,
also das Rollen des Flugzeuges beim Anschneiden eines Abwindes oder Aufwindes. Doch wurde das sichtbare Rollen durch das
Absinken der einen oder durch das Aufsteigen der anderen Fläche verursacht? Oft ist das Absinken der einen Fläche durch
den Abwind so gut wie nicht erkenntbar, weil der Effekt nur leicht und sehr fließend ist. In den meisten Fällen leichter
und mittelstarker Thermik ist es so, dass das Rollen durch das Aufsteigen der die Thermikblase streifenden Fläche
induziert wurde, d.h. ein Rollen nach backbord wäre gleichbedeutend mit einem Streifen einer Thermikblase steuerbord.
|